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Presseschau: 5000 Jahre marokkanische Kultur

Ein historischer Schmelztiegel
Amsterdam besichtigt 5000 Jahre marokkanische Kultur

In der Nieuwe Kerk in Amsterdam dokumentiert derzeit eine Ausstellung 5000 Jahre marokkanische Kulturgeschichte. Die Schau ruft auch in Erinnerung, dass nicht erst die jüngste Immigrationswelle die Niederlande mit Marokko verbindet. Der Kulturaustausch zwischen den beiden Ländern geht bis ins 17. Jahrhundert zurück.

Viele Amsterdamer denken beim Stichwort «Marokko» derzeit vor allem an die Stadtteile Osdorp und Oost. Im Osdorper Gerichtsbunker wurde gerade Mohammed B. des Mordes am Regisseur und Kolumnisten Theo van Gogh angeklagt. In Oost, nicht sehr weit vom Tatort des Mordanschlags vom 2. November entfernt, raubte Mitte Januar ein 19-jähriger Marokkaner nur Stunden nach einem Diebstahlprozess einer Autofahrerin die Handtasche und wurde bei der anschliessenden Verfolgung zwischen einem Baum und dem Auto der Frau zerquetscht. Er starb, die Frau wurde angeklagt, aber (vorerst) freigelassen. Heftige Diskussionen über «Opfer» und «Täter» begannen - auf der Strasse und in den Medien.

Bilderverbot
Zwischen Osdorp und Oost, mitten in der Stadt, setzt die Nieuwe Kerk bis Mitte April mit der Ausstellung «Marokko. 5000 Jahre Kultur» andere Akzente. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein eilig initiiertes Beschwichtigungsprojekt, sondern um den seit Jahren geplanten und unter Schirmherrschaft beider Königshäuser stehenden Auftakt zu den Feierlichkeiten zu den vor 400 Jahren offiziell zwischen beiden Ländern geknüpften Beziehungen. Diese sind seit ihren Anfängen äusserst komplex, nicht erst seit in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts die Migrationswelle einsetzte (viele der 300 000 Einwohner marokkanischer Herkunft gelten als wenig integriert). 1605 verbündete sich die junge Republik der Vereinigten Provinzen mit dem Sultanat von Marokko gegen Spanien. Niederländische Schiffe nutzten Marokkos Häfen und agierten von da aus auch gegen Seeräuber, unter denen sich sowohl Marokkaner wie Niederländer befanden.

An der Stelle des Hochaltars in der Nieuwe Kerk steht seit 1681 das Prunkgrab Michiel de Ruyters. Der Seeheld wurde u. a. nach Marokko gesandt, um Barbaren- und Seeräuberschiffe zu vernichten, zum Islam konvertierte oder nachlässige Christen durch «Fussspülung» (über Bord!) hinzurichten und zugleich die Verträge mit den marokkanischen Herrschern zu erweitern und zu verbessern. Weitere Leihgaben niederländischer Museen zeigen neben dem Grabmal im Chorraum Marokko aus niederländischer Perspektive - neben Seefahrtsexponaten Bilder von Malern, die im 19. und 20. Jahrhundert nach Marokko reisten. Sie zählen wegen des Bilderverbots im Islam zu den wenigen Darstellungen von Menschen und Tieren in der Ausstellung, deren Schwerpunkt die dreihundert Spitzenstücke aus marokkanischen Museen und Bibliotheken bilden.

Weitere Porträts finden sich nur auf den vorislamischen Exponaten - beispielsweise auf Mosaiken mit Orpheus, Venus, Triton, Medusa und Äolus (2./3. Jahrhundert v. Chr.). Sie sind kaum gröber als die in Pompeji und stammen wie die Bronzestatue eines Epheben aus den Ausgrabungen von Volubilis (Nordmarokko). Die Stadt blühte um die Zeitenwende unter dem am römischen Hof erzogenen Berberprinzen Juba II. (zu sehen ist seine Bronzebüste) und seiner Frau Kleopatra Selene auf. Caligula liess später deren Sohn ermorden und die Stadt plündern. Um 285 verliessen die Römer Volubilis. Berberangriffe, der Zahn der Zeit, die Nutzung als Steinbruch für die neue Hauptstadt Meknès nach der Islamisierung des Landes und das Erdbeben von 1755 machten «Oualili» zur Geisterstadt - bis zu ihrer Wiederentdeckung durch Archäologen vor 1900.

Die vielfältigen vorrömischen Einflüsse belegt die Ausstellung mit ägyptischen Grabbeigaben, phönizischem Schmuck, punischen Stelen und etruskischen Kannen. Doch auch die erste dokumentierte und bis heute starke Bevölkerungsgruppe, die sich selbst Imazighen nennenden Berber, hinterliessen früh Spuren - u. a. schon in vorchristlicher Zeit unweit Casablancas eine Stele mit Berber-Inschrift. Die Ausstellung betont nicht nur den Beitrag der Berber zu der Kultur Marokkos, sondern auch den der frühen Christen und der jüdischen Bevölkerung. Die ersten Juden kamen schon zur Römerzeit ins Land; weitere folgten im Mittelalter nach den Verfolgungswellen in Europa. Wohl aus Rücksicht gegenüber dem koproduzierenden marokkanischen Kulturministerium verschweigt die Ausstellung aber die Politik, die nach 1960 zur Emigration vieler jüdischer Marokkaner führte. Kurz vor der Eröffnung wurde ausserdem mit der Anpassung einer Landkarte auch Marokkos Anspruch auf die Westsahara stillschweigend anerkannt.

Hochkultur und Kunsthandwerk
Den Schmelztiegel der Kulturen, als der sich Marokko präsentiert, versinnbildlicht wohl am besten eine Stele aus dem Museum von Rabat. Sie trägt auf einer Seite eine lateinische Widmung für einen Gouverneur aus dem 3./4. Jahrhundert, die in byzantinischer Zeit mit einem Pferd verziert wurde. Auf der Rückseite aber stehen seit 1307 auf Arabisch ein Grabtext und Koranverse für den Merinidenfürsten Abu Yaqub Yusuf.

Korane aus der Nationalbibliothek zu Rabat und Kanzeln wie Türen aus Moscheen und Medresen zu Fes zählen zu den Meisterwerken islamischer Kunst. Aber die Ausstellung beschränkt sich nicht auf Hochkultur, sondern belegt auch die Leistungen, die Marokkaner seit langem im Kunsthandwerk vollbringen. Als Besucher wähnt man sich wegen der Vielzahl an Gewändern, Teppichen, Töpferwaren, Schmuckstücken, Instrumenten und Möbeln und durch die Ausstellungsarchitektur fast in einer Medina und erfährt nebenher mehr zu Sitten und Bräuchen. Im Ausstellungs-Café Marrakesch gibt es Pfefferminztee und marokkanisches Gebäck; den Caféflur ziert ein Mosaik. Dennoch wurde ein Übermass an Exotismus vermieden und einiges getan, um mit der Präsentation und dem Rahmenprogramm auch eine Brücke zur Kultur der niederländischen Marokkaner zu schlagen.

Tino Köhler

Marokko. 5000 Jahre Kultur. Bis 17. April in der Nieuwe Kerk, Amsterdam. Katalog, 225 S. mit Ill., KIT Uitgevers Amsterdam, Euro 25.-.

Quelle: 18. Februar 2005, Neue Zürcher Zeitung

2005-02-18, Lorenz E. Baumer

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