table des matières

Presseschau: König Salomos Kupferminen - Bergbauanlagen in Jordanien neu datiert
Die Kupferminen von Chirbat-En-Nahas in Südjordani...
2008-11-02

Presseschau: Basler Kunsthändler im Zwielicht
Archäologische Funde mit Millionenwert sind bei ei...
2008-10-29

Presseschau: Antike Stadt im Schüttelbecher
Helike war eine blühende Metropole – bis es in ein...
2008-10-24

Presseschau: Rundgang durch das Köln der Römerzeit
Eine Kooperation von Archäologen und IT-Experten l...
2008-10-22

Presseschau: Grab des berühmten Gladiators entdeckt
Nördlich von Rom haben italienische Archäologen da...
2008-10-22

Presseschau: Römische Totenstadt entdeckt
Bei der Renovierung eines Sportstadions in Rom hab...
2008-10-22

Pressenschau: Weihrelief für Merkur in Kaiseraugst freigelegt
Bei Notgrabungen in Kaiseraugst AG ist ein vollstä...
2008-10-22

Pressenschau: Euböa: Das Grab des Kriegerfürsten
Bestattungsriten um 1000 v. Chr. Auf der Insel ...
2008-09-30

Presseschau: Syrien: Verborgene Stadt entdeckt
Die syrische Oasenstadt Palmyra wird in assyrische...
2008-09-30

Presseschau: Schweiz gibt Auge des Pharao zurück
Ägypten bekommt das gestohlene Auge einer antiken ...
2008-09-12

 
Informez nous par courriel

News

Presseschau: Antike Stadt im Schüttelbecher

Helike war eine blühende Metropole – bis es in einer mysteriösen Katastrophe buchstäblich unterging
Den Untergang der antiken Stadt Helike erklärte man sich bislang mit einer frühen Tsunami-Katastrophe. Falsch, sagen Geologen nun. Archäologen und Schatzsucher werden hellhörig.

Es muss ziemlich viel los gewesen sein im Hafen von Helike an jenem verhängnisvollen Wintertag im Jahr 373 vor Christus, das wissen wir aus historischen Quellen. Zehn grosse Kriegsschiffe aus dem Nachbarland Sparta hatten am Kai der griechischen Hafenstadt im Golf von Korinth festgemacht. Der Besuch dürfte viele Händler und Schaulustige in den Hafen der geschäftigen Metropole gelockt haben. Helike war Hauptstadt des Achaiischen Bundes, eines antiken Handelsbündnisses. Die Stadt war zudem das religiöse Zentrum der Region. Täglich versammelten sich Pilger im Tempel zu Füssen der bronzenen Poseidon-Statue. Dort baten sie den Gott des Meeres um Schutz vor den Naturgewalten.

Nächtlicher Weltuntergang

Doch diesmal wurden ihre Bitten nicht erhört. Als man sich in Helike an jenem Abend schlafen legte, ahnte niemand, dass es kein Erwachen geben würde. In der Nacht ereignete sich eine der mysteriösesten Katastrophen aller Zeiten: Die ganze Stadt verschwand. Am Morgen war dort, wo Helike gerade noch stand, nur Schlamm und Wasser. Allein die Poseidon-Skulptur ragte aus der Flut. Noch Generationen später sollen sich Fischernetze in der bronzenen Statue verfangen haben. Und gut 500 Jahre nach der Katastrophe will der griechische Historiker Pausanias Ruinen der Stadt unter Wasser erblickt haben.

Das ist alles, mehr als ein paar historische Quellen sind nicht übrig von der grossen Metropole. «Niemals davor oder danach verschwand eine ganze Stadt», sagt der Archäologe Robert Stieglitz von der Rutgers University in den USA. Der Untergang Helikes habe 13 Jahre später möglicherweise Platon zur Niederschrift seiner Atlantis-Geschichte inspiriert.

Sagenhafte Schätze?

Seit Jahrhunderten sehnen Archäologen die Entdeckung der Ruinen Helikes herbei. «Unter der Erde liegt eine Zeitkapsel aus dem Goldenen Zeitalter der Griechen», schwärmt Steven Soter vom American Museum of Natural History in New York. Die Erdmassen hätten das Leben der Antike vermutlich wie einen Schnappschuss festgehalten, sagt der Archäologe. Nirgendwo liesse sich das Leben jener Zeit, die die Grundlagen der westlichen Zivilisation schuf, besser erkunden als in Helike. Auch Schatzsucher sind hinter der verlorenen Stadt her, denn mit der reichen Metropole gingen jede Menge Gold und andere Schätze unter.

Und man war zuversichtlich: Antike Quellen geben exakte Auskunft über die Lage der Stadt. «Wo gesucht werden muss, scheint eindeutig», sagt Katrin Boldt, Geowissenschaftlerin an der Universität Marburg, die an den Forschungen beteiligt ist: sieben Kilometer südöstlich der Ortschaft Egio an der Südküste des Golfes von Korinth. Die dort vor sieben Jahren begonnenen Ausgrabungen förderten tatsächlich antike Ruinen zutage, die allerdings einige Jahrzehnte jünger waren als Helike. Auch Relikte aus der Bronzezeit kamen zum Vorschein. Von Helike jedoch keine Spur, allenfalls ein paar Tonscherben deuteten auf die Stadtruine hin.

Den entscheidenden Hinweis könnten nun Geologen liefern. Helike sei auf andere Weise untergegangen als angenommen, berichtete George Ferentinos von der Universität Patras in Griechenland kürzlich an einer Tagung. Eigentlich schien die Ursache des Desasters längst festzustehen: Ein Erdbeben habe Helike zerstört und Tsunamis über die Stadt geschickt, vermuteten Experten einhellig. Zeitgenössische Quellen berichten von heftigen Erdstössen in Helike am Tag des Untergangs.

Tsunami wäre zu klein gewesen

Doch die gängige Theorie sei falsch, behaupten Ferentinos und sein Kollege George Papatheodorou. Nicht das Meer sei über die Stadt gekommen, sondern umgekehrt: Die Stadt sei ins Meer getaucht. Das Erdbeben habe das gesamte Fundament der Stadt absaufen lassen und nur einen See hinterlassen.

Ferentinos und Papatheodorou haben die Katastrophe von Helike mit Akribie nachvollzogen. Zunächst prüften die Geologen die Bruchzonen im Golf von Korinth. «Das schwerstmögliche Erdbeben in der Region hätte die Stärke 6,7», berichten sie. Solch ein Schlag hätte zwar jede antike Stadt verwüstet, aber komplett verschwunden wäre Helike dadurch nicht. Der entsprechende Tsunami wäre maximal 1,10 Meter hoch gewesen, «zu wenig Wasser, um Helike für immer zu fluten», sagt Ferentinos.

Im Golf von Korinth können zwar auch höhere Tsunamis wüten, die von Sedimentlawinen unter Wasser ausgelöst werden. Bis zu zehn Meter hohe Flutwellen donnern dann gut einen Kilometer landeinwärts. Doch auch in diesem Fall hätte Helike nicht verschwinden können, sagt Ferentinos, denn der Hauptteil der Stadt lag zwei Kilometer von der Küste entfernt. Und noch höhere Tsunamis – ein hypothetischer Fall – hätten nicht nur Helike, sondern auch andere antike Metropolen am Golf von Korinth verwüstet. Davon ist nichts bekannt.

Es bleibe nur eine Ursache für den Untergang von Helike, sagt Ferentinos: Die Stadt sei ins Meer gerutscht. Das Erdbeben habe den Boden unter der Stadt so durchgeschüttelt, dass er sich quasi in eine Flüssigkeit verwandelt habe. «Bodenverflüssigung» ist bei sandigem Untergrund eine gefürchtete Folge von Erdbeben, Hochhäuser sinken in den Boden und stürzen ein.

Die Erschütterungen treiben das Wasser zwischen den Sandkörnern heraus, es bildet sich flüssiger Matsch. Wattwanderer kennen das Phänomen: Festes Auftreten drückt das Wasser aus dem Boden, es sammelt sich als kleiner See an der Oberfläche. Der zuvor feste Sand verwandelt sich in weichen Schlamm – der Fuss sinkt ein.

Anschauung für die Helike-Katastrophe lieferte 1995 ein Erdbeben der Stärke 6,2 in der Nähe von Aigio. Die Erschütterungen liessen einen unbewohnten Küstenstreifen ins Meer rutschen, berichtet Ferentinos. Das Ereignis bestätige seine dramatische Theorie: Das Erdbeben in jener Winternacht 373 vor Christus schüttelte demnach eine 15 Meter dicke Bodenschicht mitsamt Helike ins Meer, den entstandenen Krater flutete das Meer.

Schlechte und gute Nachricht

Eine schlechte Nachricht also für die griechische Küste – das Desaster könnte sich wiederholen. Während vor Tsunamis gewarnt werden kann, gibt es kein Entkommen, wenn der Untergrund kollabiert.

Und eine gute für die Archäologen: Möglicherweise haben sie einfach am falschen Ort gesucht. Der Meeresgrund sei allerdings bereits oberflächlich mit Schallwellen abgetastet worden, berichtet Helmut Brückner von der Universität Marburg. Man habe nichts gefunden – doch das braucht nichts zu heissen. In den vergangenen 2500 Jahren haben Flüsse grosse Mengen Sand und Schlick ins Meer gespült. «Vielleicht», sagt Brückner, «liegen die Ruinen Helikes unter einer mächtigen Sedimentschicht am Meeresgrund.»

Quelle: Der Bund online, 24.10.2008
http://www.ebund.ch/artikel_578513.html

2008-10-24, Lorenz E. Baumer

livres & articles

Vient de paraître
Laeetitia Phialon

L’émergence de la civilisation mycénienne en Grèce centrale.
AEGAEUM 32. Annales liégeoises et PASPiennes d’archéologie égéenne
...
lire cet article

autres livres & articles
Cliquez ici.


fin de la page