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Lorenz E. Baumer, 2004-10-20
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Archaeolinks-Forum

Kein Brot für den eigenen akademischen Nachwuchs?
Beitrag von Lorenz E. Baumer, 2005-10-25:
Die Diskussion um die Zukunftsaussichten für Schweizer Akademiker an den landeseigenen Universitäten nimmt zu, wie der nachfolgende Artikel aus dem Tagesanzeiger verdeutlicht:

Wo bleibt die Schweiz an der Uni?

Die Schweizer Geschichte ist nur noch ein Nebenfach. Ist diese Entwicklung darauf zurückzuführen, dass immer mehr deutsche Professoren in Zürich lehren?

Von Philipp Gut

Die Universität Zürich ist einem grundlegenden Wandel unterworfen. Die Bolognareform zwingt die einzelnen Institute, ihr Angebot zu überdenken und die Studiengänge neu zu gestalten. Dabei fallen auch Entscheide mit inhaltlichen Konsequenzen. Wie Recherchen des «Tages-Anzeigers» ergeben haben, hat das Historische Seminar beschlossen, Schweizer Geschichte künftig nur noch als Nebenfach anzubieten. Mit dem Label «Schweizer Geschichte», sagen die Historiker, sei heute wissenschaftlich kein Staat mehr zu machen. Der Entscheid passt in eine Tendenz der Geisteswissenschaften, sich von nationalen Betrachtungsweisen zu lösen. Auch der Koleiter des Deutschen Seminars, Daniel Müller Nielaba, distanziert sich von der Vorstellung einer «Schweizer Literatur». Er hält sie für «ideologisch».

Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Schweiz an der Uni an Stellenwert verliert. Das Problem erhält zusätzliche Brisanz, weil es in der öffentlichen Diskussion mit der akademischen «Ausländerfrage» verknüpft wird. An vielen Seminaren sind deutsche Professoren in der Mehrheit. Es macht sich die Sorge breit, dass der einheimische akademische Nachwuchs gegen die übermächtige Konkurrenz keine Chance mehr habe.

Dabei strömen immer mehr junge Menschen an die Uni. Mit dem heutigen Semesterbeginn steigt die Gesamtzahl der Studierenden auf 23 800. Das sind zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Die Umstellung auf das von der Politik verordnete Bolognasystem ist in vollem Gang. In einem Jahr werden alle Fakultäten die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten.

Quelle: Tagesanzeiger vom 24.10.2005
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/zuerich/553739.html

Antwort von Lorenz E. Baumer, 2005-10-25:
Wo Swissness nicht sexy ist
Ein Kommentar von Philipp Gut, im gleichen Tagesanzeiger:

Das studentische Leben kehrt in die Stadt zurück. 3400 Erstsemestrige haben sich an der Universität eingeschrieben, sie starten heute in einen Lebensabschnitt, mit dem sie viel Hoffnung verbinden. Einen Aufbruch plant auch die Uni. Bis in einem Jahr müssen sämtliche Fakultäten die Bolognareform umgesetzt haben. Studierende, die schnell ins Berufsleben einsteigen möchten, können nach angelsächsischem Muster ein Kurzstudium mit dem Titel eines Bachelors abschliessen. Wer seine Kenntnisse vertiefen will, macht noch den Master.

Bologna bringt auch in Zürich Anpassungen, die mehr als technischer Natur sind. Das Historische Seminar beispielsweise degradiert die Schweizer Geschichte zu einem Nebenfach. Diese Zurückstufung ist gerechtfertigt, weil unter dem Dach der Allgemeinen Geschichte weiterhin schweizerische Themen angeboten werden. Bedeutsam ist die Änderung als Symptom eines grösseren Problems - der Frage nämlich, ob die Schweiz an der Uni überhaupt noch zählt. Umstritten ist insbesondere der personelle Aspekt dieser Frage. Denn der offene akademische Arbeitsmarkt und die lukrativen örtlichen Arbeitsbedingungen haben dazu geführt, dass an vielen Instituten deutsche Professoren in der Mehrzahl sind. Liegt es an ihnen, wenn etwa die Schweizer Geschichte oder die Schweizer Literatur nicht mehr so intensiv gepflegt werden? Verunmöglichen sie die Karrieren des einheimischen akademischen Nachwuchses?

Diese Sündenbockthese wäre zu einfach. Es gilt, die Besten zu engagieren. Der Schweizer Nachwuchs muss so gefördert werden, dass er international konkurrenzfähig ist. Und wenn schweizerische Themen weniger wichtig geworden sind, liegt das nicht nur am Desinteresse der Ausländer. In Reaktion auf eine lange Zeit dominierende nationale Fixierung der Geisteswissenschaften schütten manche Einheimische das Kind mit dem Bad aus. Während Swissness allgemein als sexy gilt, verbinden sie damit nach wie vor einen bornierten Nationalismus. Dass es auch einen lustvollen, unverkrampften Umgang mit dem eigenen Erbe geben könnte, scheint man im Elfenbeinturm noch nicht gemerkt zu haben.

Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/zuerich/553743.html

Antwort von Lorenz E. Baumer, 2005-11-12:
und noch ein Beitrag zum Thema, diesmal bei Facts:

Von der neuen deutschen Welle überrollt

Die hohen Saläre und der Lebensstandard locken immer mehr Professoren aus dem «grossen Kanton» in die Schweiz. An den Universitäten ist ein bitterer Konkurrenzkampf entbrannt: Denn die Deutschen bevorzugen ihre Landsleute.

Nadja Pastega

Das Theologische Seminar der Universität Zürich ist an geschichtsträchtigem Ort gelegen, direkt neben dem Grossmünster, das als Wiege der Zürcher Reformation gilt. Hier, im ehemaligen Chorherrenstift an der Kirchgasse 9, üben sich die angehenden Seelsorger in Bibelexegese, der Auslegung der Heiligen Schrift. Doch die Sprache Zwinglis erschallt längst nicht mehr. Am Theologischen Seminar ist die Umgangssprache Deutsch. Hochdeutsch.

In gut eidgenössischer Art haben sich die acht Schweizer Theologieprofessoren ihren sechs deutschen Kollegen angepasst. Die Zuwanderer aus dem Land der Dichter und Denker geben den Ton an, zumindest sprachlich.

Andernorts sind die Deutschen sogar in der Mehrzahl. Am Zürcher Germanistikseminar ist unter vier Professoren für neuere deutsche Literatur nur einer ein Schweizer. Auch an der benachbarten Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) sind die Germanen auf dem Vormarsch. Bei den Berufungen im Sommer ergatterten zwei Schweizer eine Professur – und sechs Deutsche.

Scharenweise strömen Wissenschaftler aus dem Nachbarland über die Grenze, angelockt von attraktiven Arbeitsbedingungen und hohen Salären – und verdrängen den Schweizer Akademikernachwuchs.

In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der deutschen Professoren an den zwölf Schweizer Hochschulen von 389 auf 536 gestiegen. An den Deutschschweizer Unis ist heute jeder dritte Professor ein Deutscher.

Die neue deutsche Welle: An der Universität Zürich stehen sich 232 Schweizer und 127 deutsche Professoren gegenüber, an der Universität Basel kommen auf 151 Schweizer Hochschullehrer 95 deutsche «Eindringlinge».

Die grösste Fraktion stellen sie bei den Geisteswissenschaften, aber auch bei den technischen Fächern und der Ökonomie legen sie zu. Sogar in Fächern mit klarem Schweiz-Bezug wie der Jurisprudenz lehren immer häufiger Deutsche: An der Universität Bern unterrichten vier deutsche Professoren Schweizer Strafrecht, Verfassungsgeschichte und Zivilprozessrecht.

Bereits tobt an einigen Fakultäten und Spitälern ein Streit, die Front verläuft zwischen Schweizern und Deutschen. Der Kampf um die knappen Uni-Jobs wird über Seilschaften ausgefochten, die über Jahre aufgebaut werden – und meist nur aus Landsleuten bestehen. Von einer «deutschen Mafia» am Universitätsspital Zürich spricht etwa der emeritierte Professor Christian Sauter, der dort bis vor drei Jahren als Chefarzt tätig war.

Umgekehrt kriegte die deutsche Theologieprofessorin Ellen Stubbe zu spüren, dass auch die Schweizer ihre Netzwerke einzusetzen verstehen. Sie bekam 1997 von der Uni Zürich einen Lehrstuhl angeboten. Schon bald habe sie aber gemerkt, dass sie einem Schweizer Nachwuchstheologen im Wege gestanden habe, schreibt Stubbe in ihrem kürzlich erschienenen Buch «Gastland Schweiz» – eine bittere Abrechnung über ihre Zeit als Professorin in Zü-rich, die mit ihrer Entlassung endete. Eine Gerichtsverfahren ist hängig.

Die lukrativen Gehälter machen die hiesigen Hochschulen für Deutsche attraktiv. In Zürich, der grössten Schweizer Universität, verdient ein ausserordentlicher Professor zwischen 138'000 Franken und 216'000 Franken, ein ordentlicher Professor kommt auf 148'000 bis 232'000 Franken. Demgegenüber verdient ein deutscher Professor maximal 94'567 Franken Festgehalt im Jahr – brutto. Hinzu kann eine leistungsabhängige Zulage kommen, die mit der Unileitung ausgehandelt werden muss.

Vor allem im akademischen «Mittelbau », bei den Assistenten und Privatdozenten, sorgt es für Unmut, wenn deutsche Professoren wie Ölscheichs mit einem ganzen Gefolge Einzug halten und den Schweizern den Weg nach oben verstellen.

So beschwerte sich ein Leserbriefschreiber im «Tages-Anzeiger», dass seine Tochter, die Tiermedizin studiere, keine Praktikantenstelle finde: «Immer mehr solche Stellen, ohne die eine berufliche Zukunft kaum zu gestalten ist, werden von den den deutschen Professoren an deutsche Praktikanten vergeben.» Wozu, klagt der Schreiber, würden die Steuerzahler jahrelang für die Ausbildung des akademischen Nachwuchses aufkommen, wenn dieser dann beim Start ins Berufsleben auf Arbeitslosenhilfe angewiesen sei.

Dabei sind die Wissenschaftler aus dem «grossen Kanton» im Schnitt nicht qualifizierter als die Eidgenossen. In internationalen Hochschul-Rankings schneiden Schweizer Unis zum Teil besser ab. «Es ist ein Mengenproblem», erklärt Kurt Reimann, Generalsekretär der Uni Zürich. Das zehnmal grössere Deutschland verfüge über das grössere Reservoir an Nachwuchsleuten. «Rein zahlenmässig gibt es in der Schweiz wenig Nachwuchs», sagt Reimann.

Kommt hinzu, dass Deutschland seine promovierten Uni-Sprösslinge besser fördert, als die Schweiz dies tut. Für die Abfassung der Habilitation – sie ist das Eintrittsticket für eine akademische Laufbahn – haben in Deutschland viele Wissenschaftler eine bezahlte Uni-Stelle, die finanziell die Existenz sichert. In der Schweiz hingegen sind die meisten Nachwuchsakademiker darauf angewiesen, an einem Projekt, etwa beim Nationalfonds, teilzunehmen. «Die Durststrecke beginnt, wenn diese Projekte beendet sind», erklärt Roger Sablonier, Geschichtsprofessor an der Universität Zürich. Es würden Stellen fehlen, um die Zeit bis zu einer Professur zu überbrücken. «In Deutschland gibt es da-für bezahlte Hochschuldozenturen».

Uni-Experten fordern nun mehr Förderstellen im Lehrbetrieb. Denn bei Besetzungen von Professuren könnten die Schweizer oft zu wenig Lehrerfahrung vorweisen. Dann macht ein anderer das Rennen. Zum Beispiel ein Deutscher.


Quelle: Facts, http://www.facts.ch/dyn/magazin/wirtschaft/559814.html

Antwort von Lorenz E. Baumer, 2005-11-15:
Man kann es auch so sehen:
Auszüge aus dem Artikel: "Die Türken der Schweiz" in der ZEIT:

Deutsche kommen nicht nur als Touristen und Manager in die Schweiz – neuerdings sind sie auch als Billigkräfte willkommen

Von Ruedi Leuthold

Das hat die Schweiz noch nie gesehen. Und dabei hat sie doch weiß Gott genügend Erfahrung mit ihren vorlauten, arroganten und bewunderten Nachbarn. Den Deutschen. »Sie kommen in Scharen, sprechen laut und trinken viel.« Das hat eben erst die linke Wochenzeitung geschrieben. Tatsächlich, die Deutschen erobern die Schweiz. 11992 Republikflüchtige strömten allein im vergangenen Jahr über den Rhein, sechsmal mehr als zehn Jahre zuvor. Knapp 200000 Deutsche leben im Land, in der Stadt Zürich haben sie Italiener und Portugiesen als größte Einwanderergruppe abgelöst – im Unterschied zu denen wohnen sie allerdings in den teuersten Vierteln der Stadt, denn hier ist der durchschnittliche Deutsche jung, hoch gebildet und unverheiratet.Das hat die Schweiz noch nie gesehen.
(...)
Dass die Gutbetuchten und Überqualifizierten kommen, ist bekannt. Ohne Deutsche wäre die Liste der hiesigen Superreichen wesentlich kürzer und das Steueraufkommen vieler Gemeinden geringer. 892 »Direktoren und Unternehmer« wanderten 2003 aus Deutschland in die Schweiz, und einige erschrecken ihre eingeborenen Untergebenen auch mit diesem zackigen Kasernenton, der hierzulande zum Klischee des hässlichen Deutschen gehört. Aber ohne deutsche Ärzte könnten viele Krankenhäuser ihren Betrieb nicht mehr aufrechterhalten. Und an den Universitäten sähe es düster aus ohne kräftige Verstärkung aus dem Norden; in den Sozial- und Geisteswissenschaften stammen von fünf Professoren zwei aus Deutschland.[Hervorhebung Archaeolinks]
(...)
Der ganze Artikel:
http://www.zeit.de/2005/39/Deutsche_Gastarbeiter

Antwort von Lorenz E. Baumer, 2006-11-04:
«Zu wenig Schweizer Professoren»
Dass an der Universität Bern Schweizer Professoren eine rare Spezies sind, habe auch mit unterlassener Förderung zu tun, kritisiert Rektor Urs Würgler. Die hohen Löhne in der Privatwirtschaft machen der Uni auch zu schaffen.

Der jetzt an der Universität Bern zur Diskussion stehende revidierte Entwurf des Universitätsgesetzes sieht als oberstes Aufsichts- und Entscheidungsgremium einen Universitätsrat vor. Herr Würgler, wollen Sie sich damit selbst entmachten?

Urs Würgler: Die Idee eines Universitätsrates wurde vom früheren Erziehungsdirektor Mario Annoni eingebracht. Von einer Entmachtung der Uni-Leitung kann aber nicht die Rede sein, weil schon heute der Gesamtregierungsrat die Funktion des künftig möglichen Universitätsrates wahrnimmt. Für mich war es aber nie eine Priorität das System zu ändern.

Der Universitätsrat ist der Preis, den die Universität für die von ihr geforderten grösseren Autonomie zu bezahlen hat.

Tatsächlich scheint die Autonomie ohne Universitätsrat nicht möglich zu sein. Dieser genehmigt die Strategie, die Universitätsleitung bestimmt das Operative.


Wer müsste diesem Universitätsrat angehören?

Es müssen Leute sein, die etwas von der Sache verstehen und Engagement haben. Schön wäre es, wenn Vertreter der Wirtschaft dabei wären, ganz sicher aber keine Mitarbeitende der Universität. In Frage käme für mich auch das Modell einer privatrechtlichen Stiftung, wie man sie beim Inselspital kennt. In der Frage des Modells ist noch nichts entschieden.


ETH-Präsident Ernst Hafen wollte mit seiner Reform die Stelle des Rektors abschaffen. Auf Druck der Professoren ist er zurückgetreten. Musste er mit seiner Idee scheitern?

Die Organisation der ETH lässt sich nicht mit jener der Uni Bern vergleichen. Der ETH-Präsident wäre an der Uni Bern der Rektor und der ETH-Rektor entspricht unserem Vizerektor Lehre. Der Rektor der ETH ist die einzige Person der Leitung, die von der Professorenschaft vorgeschlagen wird. Würde nun dieses Amt abgeschafft, müsste die gesamte ETH-Leitung vom ETH-Rat gewählt werden. Und dies wäre kein tauglicher Weg. Die Leitung einer Hochschule kann nur funktionieren, wenn der Sukkurs der Basis besteht. Gescheitert ist Hafen wohl auch, weil er seine Reformen ohne Absprache mit den Professoren umsetzen wollte.

Würde denn die Uni Bern mit einem Universitätsrat noch besser?

Dies könnte sein, wobei dieses Ziel auch mit der jetzigen Struktur erreicht werden könnte. Mit dem Universitätsrat würde die Handlungsfreiheit wohl erhöht, man könnte rascher reagieren.

Was ist denn die Aufgabe des Universitätsrates?

Er sollte im wesentlichen je-ne Aufgaben übernehmen, die der Regierungsrat heute macht. Aber: im Gegensatz zur Regierung kann und müsste der Universitätsrat Lobbying machen.

Der Universitätsrat könnte auch eine Fakultät schliessen?

Heute würde dies vom Grossen Rat entschieden, künftig könnte dies der Universitätsrat tun. Dass man an der Uni Bern eine Fakultät schliesst, kann ich mir nicht vorstellen und es macht auch keinen Sinn, weil dies unserer Strategie zuwiderlaufen würde. Bereits geschlossen haben wir jedoch die Pharmazie.

Von der Finanzspritze des Bundes erwarten Sie nur soviel, dass die Universität Bern den heutigen Stand halten kann. Besser werden kann die Uni also nur, wenn sie sich auf Spezialitäten konzentriert. Worauf?

Besonders pflegen werden wir unsere etablierten Profilierungsthemen Klima, Nord-Süd (Bewältigung des globalen Wandels), Internationaler Handel, Weltraumforschung und biomedizinische Forschung. Neu dazu kommen Medizinaltechnik, Public Governance (Verwaltungswissenschaften) sowie Kunst und Kultur, insbesondere im regionalen Kontext. Damit wir diese Themen teilfinanzieren können, werden wir ein neues Zuteilungsmodell einführen.

Wie funktioniert dieses Finanzierungsmodell?

Ab 2008 bekommen die einzelnen Fakultäten nur noch einen gewissen Prozentsatz des bisherigen Budgets zugewiesen. Der Rest wird teilweise für die Umsetzung der Strategie abgeführt sowie leistungsorientiert nach Kriterien wie Anzahl Studierende, Doktorierende und Forschungsleistungen zugeteilt.

In den nächsten Jahren werden an der Universität Bern etwa 60 Professoren pensioniert. Begünstigt dies die Umsetzung der neuen, von der Uni-Leitung skizzierten Strategie?

Dies kann tatsächlich hilfreich sein.

Inwiefern?

Mit amtierenden Professoren kann eine Neuausrichtung schwierig sein. Die anvisierte Änderung könnte also 10 bis 15 Jahre blockiert werden.

Solange also, bis diese Professoren pensioniert werden?

Richtig. Nach unserem Rechtssystem können Professoren nicht einfach entlassen werden; sie haben Verträge, die wir einhalten.

Gibt es denn genügend Kandidatinnen und Kandidaten, die die von der Universität Bern geforderte Qualität für Professoren erfüllen?

Ja, die gibt es.

In der Schweiz?

Das ist leider das grosse Problem, dass wir zu wenig Schweizer Kandidaten haben.

Weil diese nach dem Studium häufig in die Privatwirtschaft abwandern.

Für Juristen und Wirtschaftswissenschafter trifft dies tatsächlich häufig zu. Aber in den Naturwissenschaften ist der Wunsch vieler Studenten gross, an der Uni bleiben zu können. Ein Elementarteilchenphysiker wird in der Privatwirtschaft nicht so leicht einen Job finden.

Das grosse Geld verdienen Uniabsolventen in der Privatwirtschaft sicherer, als wenn sie an der Universität auf einen Lehrstuhl zu spekulieren.

Das Risiko, nicht Professor zu werden, ist sehr hoch.

Sie monieren, dass zu wenig Schweizer Professoren werden. Ist denn die Nationalität wichtiger als die Qualität einer Professur?

Nein. Die Qualität ist das Wichtigste. Weil unser Land Millionen in unseren Nachwuchs investiert, wäre es aber auch im Interesse des Landes, wenn dieser Nachwuchs zu einer Stelle käme. Wir müssten mehr tun, dass hochqualifizierte Schweizer innerhalb der Universität vorwärts kommen. Unser Nachwuchs darf nicht privilegiert werden, aber wir müssen uns mehr anstrengen, dass dieser berufungsfähig wird. Mit den vom Nationalfonds bezahlten Förderprofessuren sind wir auf dem richtigen Weg.

Interview: Urs Egli
Quelle: Berner Zeitung, 4.11.2006
http://www.espace.ch/artikel_277897.html

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